Predigt am Erntedanktag über Matth 6, 19 -23

19Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, wo Motte und Rost sie zerfressen, wo Diebe einbrechen und stehlen. 20Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Rost sie zerfressen, wo keine Diebe einbrechen und stehlen. 21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.

 

22Das Licht des Leibes ist das Auge. Wenn dein Auge lauter ist, wird dein ganzer Leib von Licht erfüllt sein. 23 Wenn dein Auge böse ist, wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß ist dann die Finsternis!

 

Schätze sammeln!

 

Das fängt ja schon an, wenn wir Kinder sind. Ein besonderer Ort. Ich erinnere mich an einen Jungen, der hatte einen Pappkoffer, 20 * 30 cm groß. Darin waren seine Schätze. Eine Zeit lang nahm er seinen Koffer überall hin mit. Ich weiß nicht mehr, was drin war. Was wird es wohl gewesen sein? Bestimmt war eine Feder dabei, bestimmt ein Modellauto, vielleicht ein Pixiebuch. Aber eins war klar: es waren Schätze. Dinge, ohne die das Leben nicht so recht zählte.

 

Ich fand das Pappkofferkonzept sehr einleuchtend. Viele Jahre später habe ich mir auch so einen Koffer gekauft.

 

Ich vermute, Ihnen ist es als Kind ähnlich gegangen. Wissen Sie noch Gegenstände, die Sie als Kind hatten und von denen Sie dachten: das ist mein Schatz?

 

Mir fällt da mein Kartoffelstein ein. Wobei: den hatte ich als Erwachsener, vor ein paar Jahren. Ein Stein aus der Heide, er sah aus wie eine Kartoffel – die Farbe stimmte und die Form. Ich habe ihn zum Gruppenleiten benutzt. Eine Runde mit der Regel: wer den Stein in der Hand hat, sagt etwas, die anderen hören zu. Ich habe ihn jedes Mal kalt auf den Weg gegeben und warm wieder zurück bekommen.

 

In Hannover habe ich ihn vergessen. Ich hatte ihn nach so einer Runde neben das Stuhlbein gelegt und dann nicht mehr daran gedacht. Später habe ich gemerkt: Er ist weg! Das hat mich ein bisschen traurig gemacht. Als ob in dem Stein weiter die Wärme der Menschen aufbewahrt gewesen wäre, denen ich begegnet bin.

 

Als ob er die Begegnungen mit den Menschen symbolisiert, die ich mit ihm erlebt habe.

 

Zum Glück gibt es in der Heide noch mehr solche Steine. Hier ist sein Nachfolger.

 

Schätze!

 

Das waren meine kindlichen Beispiele. Wie ist es mit den Erwachsenen? Was sind da Schätze? Was sammeln Sie? Woran hängt Ihr Herz?

 

Es gibt ja doch einige Dinge, die Erwachsene fast so wichtig finden, wie der Junge den Kofferinhalt. Die klassischen Dinge wären: bei Männern technische Gegenstände. Autos – oder Fotoapparate. Ein Porsche. Bei Frauen vielleicht Schuhe oder andere Kleidungsstücke. Dinge, bei denen ich persönlich ein kindisch werde: will ich haben. Oder, wenn ich sie habe: meins!

 

Zwei Eigenschaften von Schätzen: sie werden noch wertvoller, wenn ich etwas daran getan habe, wenn ich eine Geschichte mit ihnen habe. Das Fahrrad, bei dem ich selber jede Schraube angezogen habe, steigt für mich im Wert.

 

Und: ganz oft enthalten Schätze Möglichkeiten. Mit dem Fahrrad kann ich eine Tour machen, mit dem Porsche kann ich schnell fahren. Schuhe, die man hat, könnte man anziehen.

 

In dem Koffer habe ich noch einen typischen Theologenschatz: Auch so eine Möglichkeit. Ich könnte das Buch einmal richtig durcharbeiten. Ich würde das Wissen, das darin steckt, in mich aufnehmen.

 

Auch ein Beispiel für Motten und Rost: Pastor Freyer ist in diesem Frühjahr gestorben. Er hat eine wundervolle Bibliothek hinterlassen. Keiner will sie haben. Keiner mag dieses Versprechen gegenüber den Büchern eingehen: Ich versuche dich einmal zu lesen.

 

Aber vielleicht sollten wir darüber nicht zu lange nachdenken. Klüger ist es, nach Jesus zu fragen. Wie meint er das? Woran sollen wir denn unser Herz hängen?

 

Sammelt euch Schätze im Himmel!“, sagt Jesus. Wie macht man das?

 

Es gibt eine ganz einfache Regel, die heißt: man sammelt Schätze im Himmel, indem man Schätze auf der Erde teilt.

 

Man kann es an dem Leben von Jesus sehen, wie er es gemeint hat.

 

Zuerst: Es sieht so aus, als ob Jesus nicht für sich selbst gesorgt hat – jedenfalls nicht in der Zeit, von der die Bibel erzählt. Wir hören nicht, dass er etwas besessen hat. Kein Haus. Er war Zimmermann aber seinen Beruf hat er nicht mehr ausgeübt.

 

Und am Ende hat er ganz schlecht für sich gesorgt: er ist nach Jerusalem gegangen. Sie haben ihn getötet. In Galiläa hätte er wahrscheinlich weiter gelebt.

 

Er hat nicht für sich gesorgt und trotzdem hat er Feste gefeiert. Er hat sich bei den Menschen eingeladen – und die Menschen haben sich gefreut, dass er zu Gast war. Wahrscheinlich hatten die meisten selbst nicht viel. Aber sie haben aufgefahren, was die Küche hergab. Sie haben geteilt mit ihren Nachbarn, weil er in der Nähe war.

 

Es gibt sogar die Geschichte, in der 5000 oder 7000 Menschen satt werden: die wundersame Brotvermehrung. Manche sagen: Vielleicht hat Jesus da gar kein neues Brot gezaubert. Vielleicht waren einfach die Menschen bereit zu teilen.

 

Wie konnte Jesus das?

 

Ich glaube, er konnte das, weil er Gott vertraute. Mein Vater im Himmel wird schon für mich sorgen - davon hat er gelebt. Seht die Lilien auf dem Felde. Sie säen nicht und Ernten nicht. Ich sage euch: selbst Salomo in seiner Pracht war nicht gekleidet wie eine von ihnen.

 

Was bringt mich aus dem Modus „Haben wollen“ in den Modus „teilen, weil ich mich gemeinsam mit dir freue“?

 

Ich glaube, die Lösung ist ganz einfach. Die meisten von uns haben sie schon einmal erlebt. Die Lösung ist: ich merke, dass genug für mich da ist. Dass es mehr Federn gibt, so wie die, die ich in meinem Köfferchen aufbewahre, dass das Modellauto eine Serienproduktion ist – es gibt andere, die sind genau so schön.

 

Für mich: der zweite Kartoffelstein. Wenn ich auch den verliere, dann werde ich wieder auf einem Acker in der Nähe von der Nähe von Hörpel meine Augen offen halten und wenn ich keinen finde, dann ist es auch nicht so schlimm. Ich habe ja jetzt erlebt: ich verliere etwas, was mir wichtig war und das Leben geht weiter.

 

Vielleicht gibt es trotzdem noch Dinge, die ich unbedingt haben will. Da frage ich mich: wie werde ich die Dinge einschätzen, wenn ich einmal im Himmel bin. Wahrscheinlich werde ich dann lächeln und sagen: Guck mal, das war mir einmal wichtig. Einen richtigen Porsche wolltest du haben, ist das nicht süß? So ähnlich, wie wir als Erwachsene auf die Gegenstände sehen, die ein 4-jähriger in seinem Pappkoffer sammelt. Glücklich, wer sich diese Art, die Dinge zu sehen, schon heute vorstellen kann!

 

Das Erntedankfest ist dazu da, dass wir das üben. Wir sollen uns freuen darüber, was Gott uns alles schenkt. Was ist ein Porsche gegen einen Apfel oder eine Kartoffel?

 

Wir sollen uns freuen am Reichtum der Natur. Da wächst etwas. Da wird eine Pflanze von selbst größer. Sie fängt an zu blühen – stellen Sie sich das vor! Etwas das vorher nur grün war, wird mit einmal bunt und lockt Bienen an. Die sehen das – wer kann sich denn in so kleinen Körpern Augen ausdenken, die genau die Blüten sehen, die bestäubt werden wollen?

 

Noch später gibt es dann Früchte – wieder mit bunten Farben. Als ob sie rufen: ich will gegessen werden.

 

Ich fahre gern im Oktober eine Runde mit dem Rad. Da sind viele Apfelbäume am Weg, halb wild. Ich halte an, probiere, ob ich an einen Apfel komme. Ich hole ihn und dann beiße ich hinein – ein bisschen zögernd vielleicht, weil ich nicht genau weiß: Täuschen mich die Farben? Schmeckt die Frucht wirklich? Ein Explosion von Geschmack, süß und sauer breitet sich in meinem Mund aus, Genuss durchströmt mich. Was ist ein Porsche ein gegen einen Apfel?

 

Sehen, schmecken, was da ist und sich darüber freuen, das ist die wichtigste Waffe gegen den Haben-Modus. Die wichtigste Hilfe, wenn ich das üben will, was Jesus sagt: meine Schätze im Himmel sammeln. Gemeinsam mit anderen Vorfreude aufbauen auf Gott, der alles in allem sein wird.