Predigt am Sonntag Lätare über Joh 6, 47 – 51 10. März 2013
47 Amen, amen, ich sage euch: Wer glaubt, hat ewiges Leben. 48 Ich bin das Brot des Lebens. 49 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 Dies ist das Brot, das vom Himmel herab kommt: Wer immer davon isst, stirbt nicht. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wenn jemand von diesem Brot isst, wird er in Ewigkeit leben; und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, für das Leben der Welt.
Was brauchen wir zum Leben?
Wenn man damals einen Israeliten gefragt hätte, dann hätte er oder sie gesagt: Brot. Brot war das Grundnahrungsmittel – in der Regel Fladenbrot: Mehl, Wasser und Salz gebacken, viel mehr wird es nicht gebraucht haben dazu. Wenn man das hat, dann stimmt die Basis.
Was brauchen Sie zum Leben?
Ich habe hier ein Buch. Der Autor sagt: Wir brauchen eine Balance aus vier Dingen: Körper, Arbeit/Leistung, Familie/Beziehungen und Sinn/Kultur. Wie die Balance sich konkret gestaltet, das sieht bei jedem verschieden aus. Wir sind eben verschieden. Aber die vier Dinge gehören dazu. Mir leuchtet das ein. Lassen Sie uns das einmal durchdenken.
Zuerst der Bereich Körper: Ich bin mein Körper – aber nicht nur. Ich habe auch ein Verhältnis zu ihm. Ich wünsche mir etwas von ihm – weniger Bauch vielleicht oder weniger Schmerzen, mehr Fitness und mehr Wach sein. Was wünschen Sie sich von Ihrem Körper?
Ich wende meinem Körper Aufmerksamkeit zu: ich esse, ich wasche mich, ich ruhe mich aus, ich bewege mich – wenn Ihr Körper eine Stimme hätte, was würde er sich von Ihnen wünschen? Ich mache einen Moment Pause, damit Sie darüber nachdenken können.
Als zweites der Bereich Arbeit/Leistung: Ich schaffe etwas – für andere und für mich. Ich arbeite mit anderen zusammen. Ich mache mich nützlich. Am Anfang der Bibel steht: Gott setzte den Menschen in den Garten, damit er ihn pflege und bebaue – Martin Luther sagt: damit der Mensch nicht müßig ginge. Wir sind darauf angelegt etwas zu schaffen. Das sieht man, wenn ein kleines Kind einen Turm baut, ein Jugendlicher eine persönliche Bestzeit läuft, wieder anders sieht es beim Erwachsenen und beim alten Menschen aus.
Manchmal verselbständigt sich die Arbeit oder die Leistung. Die Schwaben nennen das Gschaftlhuberei – Arbeit ohne Maß, ohne Zusammenhang. Wie sieht das bei Ihnen aus mit der Arbeit? Was wollen Sie schaffen? Wie schaffen Sie es?
Auch da könnte man ja einmal umgekehrt fragen: wie wäre das, wenn die Arbeit reden könnte. Es gibt ja Arbeiten, die uns nebensächlich erscheinen – Müllwerker zum Beispiel. Aber sehen Sie sich die Bilder an wenn Müllarbeiter streiken. Was würde sich ihre Arbeit von Ihnen wünschen? Wieder eine Pause zum Überlegen: wie ist das mit Ihnen und ihrer Arbeit?
Der dritte Bereich: Familie/Beziehungen?
Zu meinen Leben gehören andere Menschen. Es gibt enge Beziehungen – die Familie, die engen Freunde. Es gibt weitere Beziehungen, Menschen, die ich nicht so häufig treffe – auch die gehören zu mir, auch die gestalten mein Leben mit.
Ohne Beziehungen kann ich nicht leben – jeder kennt ja Robinson Crusoe. Einzelhaft ist eine schwere Strafverschärfung. Wir brauchen Menschen.
Wir gestalten Beziehungen. Ich kann mich um andere kümmern, ich kann anderen zuhören - das hilft das Netz der Beziehungen dichter zu knüpfen.
Jemanden besuchen gehört zu den Taten der Liebe, die Jesus nennt.
Wie erlebe ich meine Beziehungen? Was wünsche ich mir von ihnen? Was kann ich tun, um an ihnen zu arbeiten? Was wünschen sich Menschen von mir?
Der vierte Bereich ist der Bereich von Sinn/Kultur: Vielleicht ist das der grundsätzlichste Bereich. Stimmt mein Sinn? Stimmt meine Richtung? Tue ich das, was von mir in dieser Welt getan werden soll? Bin ich der, der ich in der Welt sein soll?
Dazu gehört die Kultur, denn die fragt nach dem Sinn – Bücher und Filme, die Geschichten erzählen. Bilder, die etwas von der Welt zeigen. Dazu gehört Gott – zu den anderen Fragen auch, aber da besonders.
Ich kann Sinn und Kultur nicht abgetrennt vom Rest sehen. Wenn ich der Meinung wäre, ich sollte einen großen Roman schreiben, dann wäre es trotzdem schlau zu sehen, woher ich das Geld bekomme, das ich zum Leben brauche, während ich ihn schreibe. Dann wäre es schlau, sich um Beziehungen zu kümmern, um Menschen, die mal ein paar Seiten lesen. Aber: Sinn und Kultur ist eine eigene Fragestellung, die Zeit braucht: In welcher Welt lebe ich und was ist in dieser Welt meine Bestimmung?
Dazu gehört die Frage nach Gott. Was sagt Gott zu mir? Was höre ich ich sagen? Bin offen, ihn zu hören? Was kann ich tun, um aufmerksamer zu werden in Bezug auf Gott und meine Bestimmung? Auch dazu eine Pause.
Johannes lässt Jesus sagen: Ich bin das Brot des Lebens. Ich bin das, was du zum Leben brauchst.
Was würde das wohl heute bedeuten? Können wir das übersetzen und sagen: ich bin der Gott deines Körpers. Ich freue mich, was du kannst, ich freue mich über deine Wachheit. Ich leide mit deinen Schmerzen und an deinen Grenzen?
Können wir das übersetzen: ich bin der Gott deiner Arbeit? Ich freue mich, über das, was du in dieser Welt geschafft hast und noch schaffst – selbst wenn es die Menschen vielleicht als gering ansehen?
Können wir das übersetzen: Ich bin der Gott für deine Beziehungen? Ich gebe dir Menschen, die zu dir gehören, als Hilfe, als Aufgabe. Als Wegbegleiter für einen Stück deines Weges oder für länger?
Können wir das übersetzen: ich bin der Gott, der dir Sinn gibt? Der dich in seine Welt setzt, weil er findet, dass diese Welt genau dich braucht mit allem, was du bist und auch mit dem, was du nicht bist oder kannst?
Ich glaube, das meint Jesus.
Bei Jesus gehört der Körper dazu. Er hat Menschen körperlich geheilt und er ist gefoltert worden. Er hat Schmerzen erlitten. Wenn Jesus sagt, er ist das lebendige Brot, das, was wir zum Leben brauchen, dann hat das auch mit unserem Körper zu tun.
Bei ihm gehört die Arbeit dazu. Jesus hat Zimmermann gelernt. Er hat bestimmt Häuser gebaut. Er hat sich nützlich gemacht. Er hat Menschen geheilt. Er hat in den Gleichnissen von menschlicher Arbeit erzählt. Er hat mit dem zu tun, was ich arbeite, was ich schaffe.
Natürlich gehören bei ihm die Beziehungen dazu. Er hatte Ärger mit seiner Familie: Die haben gedacht, er ist verrückt und wollten ihn zurück holen. Er hat zu seinen Jüngern gesagt hat: Ihr seid meine Brüder und Schwestern. Er hat noch am Kreuz Beziehungen geregelt, indem er zu Maria gesagt hat: Johannes ist jetzt dein Sohn und zu Johannes: Maria ist jetzt deine Mutter. Er gesagt hat: ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander lieb habt. Natürlich hat er etwas mit meinen Beziehungen zu tun.
Gott ist mein Körper wichtig ist, meine Arbeit und meine Beziehungen. So gibt er mir Sinn. So gibt er mir meinen Platz in der Welt. So ist er das Brot des Lebens – für mich, für uns.