Predigt am 2. Sonntag nach Trinitatis über Jesaja 55, 1-5  9. Juni 2013

55  Auf, geht zum Wasser, all ihr Dürstenden, und die ihr kein Silber habt, geht, kauft Getreide, und esst, und geht, kauft Getreide, nicht für Silber, und Wein und Milch, nicht für Geld! 2 Warum bietet ihr Silber für etwas, das kein Brot ist, und euren Verdienst für das, was nicht sättigt? So hört mir zu, und esst Gutes, damit ihr eure Freude habt am Fett. 3 Neigt euer Ohr, und kommt zu mir! Hört, dann werdet ihr leben, und ich will einen ewigen Bund mit euch schließen: die unverbrüchlichen Gnadenerweise für David. 4 Sieh, zum Zeugen für Völker habe ich ihn gemacht, zum Fürsten und Gebieter von Völkern. 5 Sieh, du wirst eine Nation rufen, die du nicht kennst, und eine Nation, die dich nicht kannte – sie werden zu dir eilen, um des HERRN, deines Gottes, um des Heiligen Israels willen, denn er hat dich verherrlicht.

Was können wir tun, damit unsere Kirchengemeinde attraktiv wird? Wie werben wir dafür? Womit können wir Menschen einladen, so dass die Einladung sie erreicht und sie Lust haben, zu kommen?

Hier ist ein Werbekonzept. Wie ein Marktschreier ruft der zweite Jesaja: Auf, wer Durst hat: Hier ist Wasser! Auch wer kein Geld hat: Her zu mir! Kauft Getreide und esst! Holt Euch Wein und Milch ohne Geld zu bezahlen!

Bei uns, sagt Jesaja, gibt es Dinge umsonst, die ihr wo anders teuer bezahlen müsst. Noch mehr: die anderen bieten euch Mogelpackungen an: ihr kauft es und werdet nicht satt. Hier werden eure Bedürfnisse wirklich befriedigt. Ihr bekommt Gutes zu essen. Da labt sich eure Seele. Wenn ihr auf mich hört, lebt euer Herz auf.

Das ist schon beeindruckend, wie Jesaja wirbt. Er muss sehr überzeugt sein von dem, was er anzubieten hat. Was hat er denn anzubieten?

Er bietet an: Den Bund Gottes für das Volk Israel. Gott verspricht dem Volk: Ihr sollt mein Volk sein und ich will euer Gott sein.

Das sagt Jesaja zu Menschen, die es kaum glauben können. Israel geht es schlecht. Es ist die Krise nach der Wiedervereinigung.

Ich erzähle: 70, 80 Jahre früher. Babylonische Soldaten erobern Jerusalem. Die wichtigen Leute verschleppen sie in ihre Hauptstadt, nach Babylon. Die wichtigen: das heißt die, die etwas zu sagen hatten, die klug waren, die reich waren.

Fast ein Jahrhundert später. Ein neuer König kommt in Babylon an die Macht. Er will Krieg führen gegen Ägypten. Dazu brauchte er gute Leute im Westen, zum Beispiel in Jerusalem. „Ich lasse euch nach Hause gehen,“ sagte er König, „Ihr werdet da meine Statthalter. Als meine Freunde dürft ihr nach Hause!“

Dann kommen sie nach Hause. Aber: die nach Hause kamen, waren selber nie da gewesen. Da war vielleicht noch einer dabei, der hatte Jerusalem als kleines Kind gesehen – jetzt war er einer der ältesten, konnte kaum mehr gehen. Die anderen kannten Jerusalem nur aus Erzählungen.

Vielleicht hatten ihnen die Eltern erzählt, in welcher Straße ihr Haus gewesen war. Nach langem Suchen fanden sie die Grundmauern.

Auf dem Nachbargrundstück sieht es besser aus. Da steht ein Haus. Aber: in dem Haus wohnen Leute. „Unsere Eltern“, sagen sie,“haben dieses Haus gebaut – wo kommt ihr denn jetzt her, dass ihr sagt, euch gehört das?“

Das gab Ärger, das gab schwierige Verhandlungen.

Und dann die Geschichte mit Serubbabel. Die Babylonier hatten ihn als Statthalter eingesetzt – ein Nachkomme von David. Da hatten viele geglaubt: jetzt geht es richtig wieder los.

Denn David war ja der große König in Israel. David mäläk Jisrael chai chai we kajam. Der soll für immer König sein.

Mit dem hat Gott einen Bund geschlossen – seine Nachkommen sollen Israel regieren. Jetzt – so glaubten viele - werden wir wir ein eigenständiger Staat. Babylon bricht zusammen und Israel wird mächtig. Wir schütteln das fremde Joch ab.

Bloß: das war nicht realistisch. In Gegenteil: Die Babylonier hörten davon. Sie setzten Serubbabel ab. Sie holten ihn zurück nach Babylon. Nichts mehr mit der Davidsrevolution.

Nein, sagt der zweite Jesaja, das habt ihr falsch verstanden. Gott hat schon mit David einen Bund geschlossen. Gott hat zu David gesagt: Ich werde bei deinen Kindern und Kindeskindern bleiben, dein Haus soll bestehen in Ewigkeit. Das stimmt. Das bleibt. Aber: das ist nicht ein ganz bestimmter König. Das ist keine Dynastie. Das seid ihr alle.

Gott wird mit euch sein. Ihr werdet dieses Zeichen für die Völker sein. Mit euch schließt Gott seinen Bund. An euch wird man sehen können, was für ein großartige Gott Gott ist. Nicht mehr am König und seiner Macht. An jeder Familie, an jedem einzelnen.

Jetzt komme ich zum Anfang zurück. Wie werben wir für unsere Kirchengemeinde? Was haben wir hier anzubieten?

Ich sage: Genau das Gleiche!

Das ist es, was hier im Gottesdienst geschieht. Gott schließt mit dir und mit mir seinen Bund. Mit jedem Einzelnen und mit uns zusammen als Gemeinde. Er sagt: Ich möchte, dass ihr ein Zeichen für die Menschen seid. So, wie David ein Zeichen für Israel ist: Gott geht mit uns. So wie Israel ein Zeichen für die Menschen ist: Gott ist treu. Er hält zu seinem Volk. So sollen wir als Gemeinde ein Zeichen sein: Gott liebt seine Menschen.

Besonders deutlich wird das natürlich bei Fine. Die Taufe ist das Zeichen des Bundes überhaupt. Du bist mein Mensch.

Gott schließt mit uns seinen Bund so, wie wir sind.

Ich habe mir überlegt: Womit kann ich das vergleichen? Vielleicht mit einem Arbeitsvertrag. Einer gründet eine Firma und sucht Leute. Andere sagen: Wir wären bereit mitzuarbeiten. Sie schließen miteinander einen Vertrag, einen Bund.

Und jetzt stellen Sie sich vor: der Firmengründer käme hier her auf der Suche nach Leuten. Wir würden sagen: Hier sind wir. Wir würden mitmachen. Gucken Sie sich um. Würden Sie als Chef uns hier alle nehmen?

Ich denke, das ist klar: eigentlich sind wir nicht die Menschen, die man nimmt, um eine neue Firma zu gründen. Die jungen dynamischen 32 jährigen, frisch mit einigen Jahren Berufserfahrung, die haben wir hier selten. Am Ehesten noch als Taufeltern oder -paten.

Was für eine Firma könnte man mit uns gründen? Ich weiß es nicht. Ich glaube, ein menschlicher Arbeitgeber würde sich andere Leute aussuchen.

(Das ist eine große Schwierigkeit der Kirche als Arbeitgeberin. Als Arbeitgeberin muss sie Menschen nach Leistung aussuchen und beurteilen. Sie kann zB im Kindergarten nicht einfach jemand einstellen, der gar nicht Erzieher oder Erzieherin gelernt hat. Oder einen Pastor, der zwar guten Willen mitbringt, aber keine Kompetenz. Das wird dann nichts in der Gemeinde.

Auf der anderen Seite soll sie glaubwürdig ihre Botschaft vertreten: Gott schließt mit allen einen Bund. Wie geht das zusammen?)

Gott könnte auch so denken wie ein normaler Arbeitgeber. Er könnte denken: wenn ich meine Kirche gründe, dann nehme ich nur die Besten. Ich nehme keine Kinder – die müssen noch lernen. Ich nehme keine über 50 – die sind zu unflexibel, die stellt man nicht mehr ein. Und die dazwischen, die kommen in einen harten Auswahltest.

Wahrscheinlich würden wir dann nicht dazu gehören.

Gott denkt anders als ein menschlicher Arbeitgeber. Er schließt seinen Bund gerade mit uns. Wir müssen weder unsere Zahlungsfähigkeit noch unsere Leistungsfähigkeit nachweisen, bevor er mit uns ins Geschäft kommt.

Das ist das Wunderbare, was eine Kirchengemeinde anbietet: Hier gibt es Teilnahme am Bund mit Gott – umsonst. Eine Kirchengemeinde ist dazu da, dass wir uns gegenseitig sagen: Du gehörst zu Gott. Auch wenn es dir schlecht geht. Auch wenn du das Gefühl hast, ich pack`s nicht.

Natürlich auch, wenn du das Gefühl hast: „Ich kann Bäume ausreißen.“ Aber eben nicht nur dann.

Gott schließt mit seiner Gemeinde den gleichen Bund, den er schon mit dem König David geschlossen hat. Den gleichen, den er mit Israel geschlossen hat. Er sagt zur Gemeinde: ich will bei dir sein. Dich soll es auf die Dauer geben. Ich will meinen Weg mit den Menschen auf dieser Erde gehen. Dazu gehören wir – du und ich.