Predigt am Sonntag Lätare Über Jesaja 54, 7-10 30. März 2014
Eine kleine Weile habe ich dich verlassen, mit großem Erbarmen aber werde ich dich sammeln. 8 Im Auffluten der Wut habe ich mein Angesicht eine Weile vor dir verborgen, mit immerwährender Güte aber habe ich mich deiner erbarmt, spricht dein Erlöser, der HERR. 9 Denn dies ist für mich wie die Wasser Noahs: Wie ich geschworen habe, dass die Wasser Noahs nicht mehr über die Erde kommen, so habe ich geschworen, dir nicht zu zürnen und dich nicht zu schelten. 10 Denn die Berge werden weichen und die Hügel wanken, meine Gnade aber wird nicht von dir weichen, und mein Friedensbund wird nicht wanken, spricht, der sich deiner erbarmt, der HERR.
Manchmal gehen die Dinge schief und du kannst nichts mehr dagegen tun.
Zum Beispiel bei einem Fußballspiel. Da geht eine Mannschaft in das Spiel mit der besten Absicht gut zu spielen. Und dann kommt das Pech. Eine Ungeschicklichkeit wird zum Foul. Die Vorderleute kapieren nicht ganz genau, was der Torwart von der Mauer will. Der gegnerische Schütze hat ein unverschämtes Glück und schon fängt das Spiel mit einem Rückstand an.
Gegen einen Rückstand anspielen, das ist etwas anderes als ein 0:0, auch wenn man sich versucht, das Gegenteil einzureden. Und wenn dann der Torwart, weil er es besonders gut machen will, danebengreift und es 0:2 steht, dann ist das Spiel schon halb verloren, bevor es richtig angefangen hat.
Das wirkt sich aus. Psychologen haben das getestet. Die haben Ausschnitte von unbekannten Spielen gezeigt und die Zuschauer gebeten zu raten, welche Mannschaft wohl vorne liegt. Erstaunlich viele haben richtig geraten. Man sieht es offenbar den Spielern an, ihre Körperhaltung ist anders.
Dann kann es sein, dass man Glück hat und das Spiel dreht sich noch. Oder man bekommt noch mehr Tore – und denkt irgendwann: Nur noch Ergebnis einigermaßen halten, damit wir nicht völlig untergehen.
Wenn so etwas ein paar Mal passiert, dann ist der Abstiegskampf da. Dann fühlt es sich so an, als ob jedes Spiel mit einem Rückstand anfängt – ich stelle mir vor, die Seelenlage beim HSV ist gerade so.
Es ist, als ob es einem den Boden unter den Füßen wegzieht.
Jetzt kann man sagen: das ist ja nur ein Spiel. (Ok, richtige Fußballfans sind vielleicht anderer Meinung).
Aber so ähnliche kommen ja auch im richtigen Leben vor: das eine schmerzende und kränkende Situation auf die andere folgt.
Zum Beispiel in der Schule. Ich kapiere etwas nicht und schreibe eine schlechte Arbeit – das nächste Thema im Unterricht hängt damit zusammen. Der Lehrer erklärt das Neue mit dem was du nicht kapiert hast – wie willst du dann auf einen grünen Zweig kommen?
Und ein Beispiel, das ich hier im Gemeindehaus erlebt habe. Wir hatten ein Einstellungsgespräch mit einer Erzieherin. Sie war arbeitslos. Das Arbeitsamt hatte sie geschickt. Es war kein gutes Gespräch. Am Ende hatte ich das Gefühl: die dürfen wir nicht auf Kinder loslassen.
Ein zwei Monate danach hat sie eine Stelle in einem anderen Kindergarten gefunden. Die Leute haben erzählt: die macht gute Arbeit.
Meine Erklärung: die Arbeitslosigkeit hat sie so mutlos gemacht. Wir haben nicht erkannt, wir konnten nicht erkennen, was sie in Wirklichkeit konnte.
Was hilft, wenn ein Frust auf den anderen folgt?
Man muss irgendwie wieder Grund unter die Füße bekommen. Etwas muss gut gehen – eine Kleinigkeit und dann noch etwas, was etwas größer ist.
Langsam muss das Vertrauen wieder wachsen, dass das Leben gelingen kann – bei der Frau passierte es, indem jemand ihr etwas zugetraut hat.
Oder indem jemand sagt: ja klar, ich halte zu dir. Ich bin bei dir, auch wenn alles schiefzugehen scheint. Ein 0:6 kommt im Fußball vor, ein Klasse kann wiederholt werden – und auch ohne Erwerbsarbeit geht das Leben weiter. Bestimmt nicht optimal, aber irgendwie schon.
So etwas geschieht in dem dem Predigttext. Israel fühlt sich müde und überfordert, gefangen in eine Abwärtsspirale. Jesaja sagt: „Ich erzähle euch jetzt, was ich von Gott gehört habe:
Gott sagt: ich halte zu dir. Ich habe mich deiner erbarmt. Wenn etwas sicher, dann das: auf mich kannst du dich verlassen.
Das kannst du als Basis, als Grund des Lebens nehmen. Ich habe damals, sagt Gott, bei der Sintflut am Ende versprochen: So lange die Erde steht, soll nicht aufhören: Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Das steht fest. Darauf könnt ihr euch verlassen, so sicher wie der Stein, den man loslässt, nach unten fällt und nicht nach oben. Oder hat einer von euch schon einmal das Gegenteil erlebt.
Es ist wichtig für euch, sagt Jesaja, dass ihr das Übergewicht versteht. Gottes Zorn ist kurz. Das kommt einem manchmal so vor, als ob nichts geht. Aber: Gottes Gnade ist viel größer. Er gibt dir das, was du brauchst. Lass dich nicht erschrecken, wenn es dir einmal anders vorkommt – weder, wenn du ein Fußballspiel verlierst, noch, wenn du meinst, ich verstehe manche Dinge einfach nicht. Und auch nicht, wenn dir keiner ein Arbeit anbietet. Ich stehe zu dir.
So weit Jesaja.
Und was hat das Ganze jetzt mit der Passionsgeschichte zu tun und mit Ostern? Mit dem Hörspiel, dass die Konfirmanden vorbereitet haben?
Auch dafür ist es die Basis. Jesus wusste das und deshalb konnte er so leben, wie er gelebt hat. Deshalb konnte er zu den Kranken gehen, ihnen die Hände auflegen und Gott um Heilung für sie bitten – und sie wurden gesund.
Deshalb konnte er das Reich Gottes verkündigen – so, dass die Menschen es geglaubt haben - denn er redete wie einer, dem glauben kann, was er sagt.
Und deshalb konnte er den Weg nach Jerusalem gehen ins Zentrum der Macht.
Manche von seinen Anhängern glaubten bestimmt: wenn er nach Jerusalem geht, fängt das Reich Gottes an. Da kommt die große Revolution. Die Welt wird friedlich und gerecht.
Jesus hat das anders gesehen, sagen die Evangelien. Er wusste: da sind mächtige Kräfte gegen mich. Und er wusste: Gott will sein Reich nicht mit Gewalt durchsetzen.
So ist es gekommen. Er wurde gefangen genommen, er wurde gefoltert. Er wurde am Kreuz ermordet.
Ich glaube: er konnte diesen Weg gehen, weil er das wusste, was Jesaja schreibt: Gottes Gnade ist größer als sein Zorn. Es tut weh, ja, aber am Ende gilt Gottes Frieden. Am Ende gilt seine Liebe.
Wir feiern das zu Ostern. Gott hat ihn auferweckt. Jesus hatte Recht. Gottes Gnade und Gottes Liebe sind stärker als die bösen Kräfte.
Und heute feiern wir es mit dem Abendmahl. Das Abendmahl sagt ja: Iss und trink – heute fängt es schon ganz im kleinen an; das Reich Gottes, in dem Gerechtigkeit herrscht und Friede, wo du einen guten Ort hast.