Predigt über Eph 1, 3-14  am Sonntag Trinitatis, 3. Juni 2012

 

3Gepriesen sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns in den Himmeln gesegnet hat mit allem geistlichen Segen durch Christus. 4Denn durch ihn hat er uns erwählt vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und makellos seien vor ihm, in Liebe. 5 Er hat uns schon seit langem dazu bestimmt, seine Söhne und Töchter zu werden durch Jesus Christus, nach seinem gnädigen Willen, 6 zum Lobpreis seiner herrlichen Gnade, mit der er uns beschenkt hat in seinem geliebten Sohn.

7 In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Verfehlungen. So reich ist seine Gnade, 8 mit der er uns überschüttet hat: Alle Weisheit und alle Einsicht ließ er uns zuteil werden, 9 indem er uns das Geheimnis seines Willens kundgetan hat, das darin besteht, in ihm sein Wohlgefallen für alle sichtbar zu machen. 10 So wollte er die Fülle der Zeiten herbeiführen und in Christus alles zusammenfassen – alles im Himmel und alles auf Erden – in ihm.

11In ihm sind wir auch sein Eigentum geworden, schon seit langem dazu bestimmt nach dem Vorsatz dessen, der alles ins Werk setzt nach der Festlegung seines Willens: 12 Dem Lob seiner Herrlichkeit sollten wir dienen, die wir schon lange unsere Hoffnung auf Christus gesetzt haben.

13 In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit, das Evangelium eurer Rettung, vernommen habt, in ihm seid ihr als Glaubende auch versiegelt worden durch den Geist der Verheißung, den heiligen Geist. 14 Er ist ein erster Anteil unseres Erbes, er wirkt auf unsere Erlösung hin zum Lob seiner Herrlichkeit. (Zürcher Bibel 2007)


Eine große und feierliche Sprache! Der ganze Predigttext ist auf griechisch ein einziger Satz. Meine erste Reaktion: ich fühle mich klein neben diesen Worten.

Passt so ein feierlicher Text zu unserer Wirklichkeit? Eine kleine Gemeinde – von 3200 Menschen, die nominell dazu gehören sind ca 1,5 % jetzt hier, vielleicht jeder 65ste, der in unserem Bereich lebt.

Und wer mitmacht, der weiß: in unserer Gemeinde geht es so ähnlich zu, wie in einem anderen Verein auch. Da gibt es Spannungen. Menschen arbeiten mit und haben das Gefühl, andere machen mir das Leben schwer. Und die anderen denken das natürlich auch.

Ziele sind nicht so richtig klar. Natürlich soll das Gemeindehaus schön aussehen – aber: was ist im Einzelnen schön? Und: wie viel darf kosten? Denn das Geld reicht natürlich auch nicht aus.

Und insgesamt: wie schaffen wir, gut zusammen zu arbeiten? Dass jeder weiß, was er wissen muss, dass ein Rad in das andere greift?

Es gibt eben viele Dinge, die klar machen: wir sind noch nicht im Himmel. Wir sind in der St. Jakobus Gemeinde in Winsen im Jahr 2012.

Viele Dinge, mich fragen lassen: Wie gehört das zusammen? Die große Sprache des Epheserbriefes mit dem langen Satz auf der einen Seite und auf der anderen Seite unsere Wirklichkeit? Ich könnte es auf den Punkt bringen mit der Frage: wenn ich unsere Gemeinde ansehe, kann das ein so großer Gott sein? So einer, wie der Epheserbrief ihn anbetet?

Sie werden es ahnen, ich antworte: „Ja“. Es ist ein großer Gott. Es ist der Gott, der Abraham und Sara begleitete, der Israel aus Ägypten befreite. Es ist der Gott, der Jesus auf die Erde schickte. Es ist Jesus, der gekreuzigt wurde und es ist der Gott, der ihn auferweckte.

Und das Schöne an der Bibel ist: sie erzählt uns durchgängig: dieser Gott hatte seine Schwierigkeiten mit uns Menschen.

Auch und konkret mit der Gemeinde in Ephesus. Deshalb gibt es diesen Brief.

Das sieht man ein Kapitel weiter hinten. Da heißt es: darum denkt daran, dass ihr einst als Heiden im Fleisch galtet, Unbeschnittene genannt wurdet. Ihr wart damals fern von Christus, ausgeschlossen vom Bürgerrecht Israels und Fremdlinge, nicht einbezogen in die Bundesschlüsse der Verheißung, ohne Hoffnung, ohne Gott in der Welt.

Das kann doch nur bedeuten: die Epheser erinnern sich nicht mehr daran. Vielleicht kam ihnen das zu provinziell vor - ein Gott, der sich vor allem mit Israel beschäftigt. Darüber sind wir hinaus – so könnten sie denken. Nein, sagt der Epheserbrief, darüber sind wir nicht hinaus. Im Gegenteil. So ist Gott. Zuerst der Gott Israels und dann, durch Jesus, auch der Gott der Völker. Ein ganz bestimmtes Volk, ein ganz bestimmtes Land und dann wir.

Was heißt das für uns?

Zweierlei: zunächst denke ich, ist es auch für uns wichtig, uns zu erinnern: die Juden sind als erste auserwählt. Sie gehen den Weg des auserwählten Volkes zuerst – mit den Privilegien und den Lasten, die das bedeutet. Man erwartet mehr von ihnen. Es wäre merkwürdig, wenn Israel eine Politik macht wie jedes andere Volk. Es ist eben kein anderes Volk.

Und das andere: auch für uns hängt der Glaube an konkreten Geschichten. Wir haben zum Beispiel eine Partnerschaft nach Südafrika. Warum gerade das?, könnte man fragen. Antwort: weil da Missionare waren, die aus Niedersachsen kamen, aus Hermannsburg. Für die Südafrikaner – zumindest für die lutherischen – kam der christliche Glaube aus unserer Gegend. Das macht uns ein bisschen verantwortlicher – an genau dieser Stelle. Das, was unsere Vorfahren getan haben, hat Konsequenzen für uns.

Deshalb versuchen wir im Kirchenkreis, die Partnerschaft aufrecht zu erhalten – unter anderem mit einer Reise im November.

Dann gibt es noch etwas, zu dem der Brief die Epheser ermahnt: Führt euer Leben nicht mehr wie die Heiden, die in Torheit und Unverstand leben. Was sollen die Epheser stattdessen tun? Sie sollen den neuen Menschen anziehen, der nach dem Willen Gottes geschaffen ist: in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit.

Es geht um die Gestalt des christlichen Lebens. Christen sollen sich unterscheiden. Sie sollen so leben, wie es zu ihrem Glauben gehört. Was gehört dazu? Ich nenne 3 Dinge:

Freundlichkeit – wenn wir erfahren, dass Gott uns liebt, dass er zu uns freundlich ist, dann sollten wir erst einmal freundlich zu den Menschen sein. Nicht unbedingt immer – aber ein bisschen freundlicher schon. So, dass man spüren kann, dass wir an einen Gott glauben, der die Liebe ist.

Zuverlässigkeit – denn Gott ist seinen Menschen treu. Da sollen wir auch zuverlässig sein. Wahrscheinlich schaffen wir es nicht immer – wir sind Menschen. Aber doch so, dass wir ein bisschen zuverlässiger sind. So dass man spüren kann: wir glauben an den treuen Gott.

Demütig sein. Den frühen Christen war das sehr wichtig. Demütig sein, das heißt: Weil Gott mir alles schenkt, finde ich mich in meine Rolle hinein. Die Christen damals waren oft arm. Sie hätten sagen können: weil Gott ein reicher Gott ist, verlangen wir viel vom Leben. Sie hätten unzufrieden sein können mit dem, was sie haben.

Sie haben gesagt: Nein, ich bin zufrieden. Ich glaube, dass mich Gott an diesen Ort gestellt hat, das ist ein guter Ort für mich.

Das heißt nicht, dass wir ein Monopol auf bestimmte Verhaltensweisen hätten. Andere sind auch freundlich, zuverlässig und demütig. Aber für uns Christen ist das besonders wichtig, weil es mit unserem Glauben zusammen hängt.

Offensichtlich haben sich das einige in Ephesus anders gedacht. Sie haben gedacht: es kommt auf den Glauben an. Wie wir uns verhalten ist egal. Doch, sagt der Epheserbrief. Es macht einen großen Unterschied. Euren Glauben sehen die anderen nicht. Sie sehen, was ihr tut. Wenn sie dann sagen: so möchte ich auch sein!, dann interessieren sie sich auch für den Glauben. Also: passt auf, was ihr tut!

Frage an uns: Was sehen die Menschen an unserem Verhalten?

Der Brief ermahnt die Epheser. Das heißt: Es sind die fehlerhaften Christen damals in Ephesus von denen das alles gesagt wird. Es sind die fehlerhaften Christen heute in Winsen St. Jakobus. Die kommen in dem großen langen Satz am Anfang des Briefes vor.

Die sind gesegnet von Jesus Christus mit allem geistlichen Segen. Die sind vor der Grundlegung der Welt erwählt sind, um heilig und makellos zu sein vor im in Liebe.

Von denen ist die Rede, wenn gesagt wird: Wir haben Erlösung durch sein Blut. Wir sind sein Eigentum. Wir sollen dem Lob seiner Herrlichkeit dienen.

Sogar wenn gesagt wird: Alle Weisheit und alle Einsicht ließ er uns zuteil werden, dann sind wir gemeint. Ansehen würde man uns das ja wirklich nicht.

Für die fehlerhaften Christen in Ephesus und für die fehlerhaften Christen heute gilt: In ihm sind wir auch sein Eigentum geworden, schon seit langem dazu bestimmt. Das ist eben nicht unsere Leistung. Das liegt schon lange fest.

Und am Ende gilt – für die Gemeinde in Ephesus und für uns: Dem Lob seiner Herrlichkeit sollten wir dienen. Und wenn Gott das will, dann dienen wir dem Lob seiner Herrlichkeit – selbst wenn wir uns nicht danach fühlen.

Das ist das Zentrum dessen was wir tun. Deshalb feiern wir Gottesdienst. Deshalb brauchen wir einen Kirchenvorstand, der genau das koordiniert. Der für den Rahmen sorgen – und selbst kräftig mitlobt an Gottes Herrlichkeit.