Predigt am letzten Sonntag nach Epiphanias über 2. Petr. 16 -21 9. Februar 2014

 

Denn nicht weil wir klug ausgedachten Mythen gefolgt sind, haben wir euch die Macht und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus kundgetan, sondern weil wir Augenzeugen seines majestäti­schen Wesens geworden sind. 17 Denn empfangen hat er von Gott, dem Vater, Ehre und Anerken­nung, als eine Stimme von der erhabenen Herrlichkeit her erklang, die zu ihm sprach: Das ist mein Sohn, mein geliebter Sohn, an ihm habe ich Wohlgefallen. 18 Und diese Stimme, die vom Himmel kam, haben wir gehört, als wir mit ihm zusammen auf dem heiligen Berg waren. 19 Eine umso festere Grundlage haben wir darum im prophetischen Wort, und ihr tut gut daran, darauf zu achten, wie auf ein Licht, das an einem dunklen Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen. 20 Denn – das sollt ihr vor allem andern wissen – keine Weissagung der Schrift verdankt sich menschlicher Anschauung. 21 Denn was an Weissagung einst ergangen ist, geht nicht auf den Willen eines Menschen zurück, vielmehr haben, getrieben vom hei­ligen Geist, Menschen im Auftrag Gottes gesprochen.

 

Gott ist ein Gott zum Anfassen geworden. Kein ausgedachter Gott. Darauf kommt es im christlichen Glauben an. Viele denken sich ja Mythen und Götter aus, sagt der Predigttext.

 

Ausgedachte Götter

Warum denken sich Menschen einen Gott aus?

Eine Antwort könnte heißen: weil Menschen religiös sind. Wir brauchen etwas, an das wir uns halten. Ein blödes Gefühl, so im Weltraum auf einen Planeten um die Sonne zu fliegen und es gibt keinen Grund. Irgendwie ist das entstanden. Wir wissen eine Menge darüber, wie alles entstanden sein könnte. Wir wissen nicht, warum.

 

Dann denken wir uns eben einen Gott aus. Weil wir einen Grund dafür haben wollen, dass es so ist, wie es ist.

Die Gehirnforscher sagen: Das liegt daran, dass das menschliche Gehirn eine Erklärungs­maschine ist. Das menschliche Gehirn ist so gebaut, dass es Zusammenhänge herstellt, auch wenn vielleicht gar keine da sind.

 

Ein Beispiel. Ich bin 1989 als Pastor hierher gekommen. Ich sage manchmal: Ich kam und in Berlin fiel die Mauer. Dann lä­cheln die Leu­te. Es passieren zwei Dinge. Erst denken sie: der Ulrich Hahn ist ein Angeber. Die Mauer fiel doch nicht, weil der nach Winsen kam. Und dann merken sie: er hat es ja gar nicht ge­sagt. Ich habe mit dem Wort „und“ zwei Sät­ze nebeneinander gestellt. Es ist das Gehirn, dass da einen Kausalzusammenhang herstellen will. So ist das Gehirn gebaut. Es will Zusammen­hänge.

 

Wenn keine Zusammenhänge da sind, machen wir welche. Wenn wir nicht wis­sen, warum die Welt da ist, denken wir uns Gott aus.

Bloß: wie sollen wir als Menschen Gott erken­nen? 1 ½ kg Gehirn haben wir. Das Gehirn kann wunderbare Dinge denken, aber Gott, der alles geschaffen hat? Das ist wohl eine Num­mer zu groß. Es wäre ein kleiner Gott, den wir Men­schen uns ausdenken könnten.

Im alten Testament gibt es Spott über solche selbstausgedachten Götter. Wunderbar ge­macht sind sie. Aber sie helfen nicht, schreibt der zweite Jesaja.

 

Jesus: Gott zum Anfassen

Bei uns ist das anders, sagt der 2. Petrusbrief. Bei Jesus ist das anders. Da war Gott war mit einmal da, wo keiner ihn erwartet hätte. Und dann beschreibt er eine Szene. Wir haben sie vorhin als Evangelium gehört.

 

Jesus steigt auf den Berg und mit einmal erle­ben die Jünger: seine Kleider werden weiß, Mose und Elia sind da. Aus dem Himmel kommt eine Stimme, die sagt: das ist mein lie­ber Sohn, an dem habe ich Wohlgefallen. Jesus mit dem ihr redet. Jesus, der euch berührt ist Gott zum Anfassen.

 

Gott sagt: An Jesus könnte ihr sehen, wer ich bin. Wollt ihr wissen, wer Gott ist? Guckt euch Jesus an. Wollt ihr wissen, wie Gott ist? Da seht ihr es. Redet mit ihm! Fasst ihn an! Hört ihm zu! Lasst ihn euch berühren!

 

Jetzt könnte jemand natürlich sagen: davon ha­ben wir doch nichts mehr. In Ordnung: Petrus hat ihn angefasst. Schon die, die diesen Brief gelesen haben, konnten das nicht mehr.

 

Aber genau deshalb schreibt es der Autor ja auf. Es geht um die Art des christlichen Glau­bens. Gott zeigt sich. Genau an einer Stelle in der Zeit. In Jesus Christus. Keine Geschichte, die sich Menschen ausgedacht haben. Wer die Geschichte von Jesus kennt, der weiß, wer Gott ist. Deshalb ist die Lesung des Evangeli­ums ein Kernpunkt des Gottesdienstes. Bei den Katholiken darf das nur der Priester.

Jetzt gibt es natürlich eine große Frage an das, was ich gerade gesagt habe. Die heißt: wie können wir das überprüfen, dass das wirklich Gott ist? Ich habe ja gesagt: wir können ihn nicht erkennen. Unser Gehirn ist zu klein dazu.

 

Meine Antwort: wir können es nicht. Gott sagt zu uns: hier bin ich. Ich kann nicht beweisen, dass er es wirklich ist. Was ich kann? Ich kann sagen: Gott, ich will dir vertrauen – hilf mir, meinen Weg mit dir zu gehen.

 

An Jesus kann man sehen, wer Gott ist. Gott zum Anfassen. Das ist das erste Teil des Pre­digttextes.

 

Der heilige Geist in der Schrift

Und dann gibt es noch einen zweiten Teil. Die Schrift schreibt von ihm, sagt er, vom heiligen Geist inspiriert.

Damit meint der Predigttext den Teil der Bibel, den wir als Altes Testament bezeichnen. Auch da hat sich Gott den Menschen gezeigt. Und er hat ihnen seinen Geist geschenkt, dass sie über ihn schreiben können. Das, was sie geschrie­ben haben, passt zu Jesus. Gott ist sich selbst treu geblieben.

 

Wie ging das mit dem Geist? Wie konnten da Menschen mit einmal von Gott schreiben, der größer ist als das, was wir uns ausdenken kön­nen?

 

Ich mache ein Beispiel, wieder aus Jesaja: Je­saja hat die Lieder vom Knecht Gottes aufge­schrieben: Er hatte keine Gestalt noch Schön­heit,... verachtet war er und von den Menschen verlassen. … Doch unserer Krankheiten, er hat sie getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich genommen.

 

Den Christen ist aufgegangen: eigentlich ist das Jesus. Das Schlimmste, was geschehen ist, ist die Kreuzigung. Da kann man eigentlich nur den Kopf schütteln und fragen: „warum?“ Wenn man Jesaja dazu liest, dann beginnt man zu verstehen: So könnte Gott das gemeint ha­ben.

 

Er hatte keine Gestalt noch Schönheit – natür­lich nicht, wenn sie ihn foltern. Er wurde wie ein Lamm zu Schlachtbank geführt – ja, so hat es Jesus gemacht. Er hat sich umbringen las­sen, er hat nicht die Legionen der Engel geru­fen.

 

Das passt zu Jesus, haben die Christen gesagt. Als ob Deuterojesaja schon alles gewusst hät­te.

 

Bloß: das konnte zB Jesaja ja nicht wissen. Er kannte Jesus ja noch nicht. Also - so heißt die naheliegende Schlussfolgerung: der heilige Geist hat es ihnen eingegeben. Er hat ihn mehr sagen lassen, als er selbst wusste.

 

Wieder ist das eine Erklärung, die man nicht beweisen kann. Ein Historiker will natürlich wissen: wen hat er denn eigentlich gemeint. Das ist auch sinnvoll. Denn: als Jesaja das auf­geschrieben hat, dachte bestimmt an irgend­wen. Oder er hat sich etwas vorgestellt.

Nachträglich sagen die Christen: eigentlich meinte er Jesus – obwohl Jesaja selber das nicht wusste. So macht das der heilige Geist. Er mischt sich hinein, er mischt sich unter, so dass man sehr genau hingucken muss, um ihn zu erkennen – falls man ihn überhaupt erkennt. Das hat er damals in den Schriften gemacht, sagt der erste Petrusbrief. Das tut er auch jetzt.

 

Der heilige Geist bei uns

Und wir?

Unsere Aufgabe ist jetzt: auf die Suche nach dem heiligen Geist zu gehen. In den Schriften nach Jesus und Gott suchen. Wir wollen das tun. Im kommenden Jahr haben wir Jubiläum – da haben wir vor, die ganze Bibel zu lesen. Su­chen nach den Spuren des heiligen Geistes.

Und dann auch: In unserem Leben nach Jesus und Gott suchen.

Dazu brauchen wir uns gegenseitig. Das sieht man wieder an Jesaja.

 

Jesaja selbst erkennt nicht, von wem er eigent­lich schreibt. Dabei ist er ein großer und wich­tiger Prophet. Erst recht wir: Wir erkennen lan­ge nicht alles, was der heilige Geist bei uns be­wirkt. Wie soll ich es bei mir erkennen? Wie sollen wir es als Gemeinde erkennen?

Dazu ist die Visitation da. Nicht unbedingt, weil ein Superintendent von sich aus die Spu­ren des heiligen Geist besser erkennt. Aber: er kommt, darf Gespräche führen, guckt sich das Ganze an und sagt vielleicht: Da sehe ich was, was ihr nicht seht. Könnte das der heilige Geist sein? Oder er sagt: Da sehe ich etwas, wo ihr vielleicht den heiligen Geist ausbremst – lasst uns da mal genauer nachfragen.

 

und der Schluss

Suchen nach dem heiligen Geist. Was ist der Maßstab? Der Maßstab ist Jesus, Gott zum An­fassen. Mit Jesus als Maßstab haben die Chris­ten den heiligen Geist in den Liedern vom Gottesknecht gefunden. Sie haben gesagt: Da sehen wir, wie Gott das mit Jesus geplant hat. Mit Jesus als Maßstab suchen wir in unserem Leben nach dem heiligen Geist - und wir hel­fen uns ge­genseitig.

Denn Gott hat versprochen: ich lasse mich von euch finden.