Sonntag Invocavit, 2. Kor 6, 1-10, an diesem Tag war Mitarbeiterversammlung mit der Vorstellung der Kirchenvorstandskandidaten
Gott lässt uns mitarbeiten. Das ist ein großer Unterschied. Manche meinen ja, Gott hält sich heraus aus dem Geschehen der Welt. Am Anfang hat er das Ganze zum Laufen gebracht und jetzt geschieht es. Was die Menschen tun, tun sie allein.
Nein, sagt Paulus, wir sind Gottes Mitarbeiter. Gott arbeitet an der Welt und wir arbeiten mit.
Manche meinen, Gott macht und bestimmt alles allein. Auch das, was die Menschen tun. Nein, sagt Paulus: Gott geht auf das ein, was wir tun. Er gibt uns Raum zum Mitarbeiten.
Συνεργοῦντεςsind wir, Mitarbeiter Gottes. Paulus, der Mitarbeiter Gottes schreibt den Mitarbeitern Gottes in Korinth. Und eine Gemeinde – wir haben ja nachher Gemeindeversammlung – eine Gemeinde ist eine Arbeitsgruppe, eine Gruppe von Mitarbeitenden am Projekt Gottes.
Wie ist das, wenn man ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin wird?
Ich stelle mir einen Hausbau vor.
Ich habe gehört: da wollen sie ein Haus bauen – sie brauchen noch Leute, die mitmachen. Ich habe Zeit. Ich habe Lust mitzumachen. Ich gehe also hin.
Ich sehe Menschen, die schon angefangen haben. Ich spreche einen an. Ich sage: du, ich habe gehört, ihr braucht noch Leute. Ich möchte gerne mitarbeiten.
Der Mann antwortet mir: die da drüben mit dem blauen Pullover, das ist die Vorarbeiterin. Die teilt die Leute ein. Zu der geh mal rüber.
Gut, denke ich und gehe zu ihr hin. Sie spricht gerade mit einem der Arbeiter. Ich warte, bis sie fertig ist und spreche sie an.
Was kannst du denn?, fragt sie mich.
Schon eine schwierige Frage, denke ich. Wie soll ich wissen, was ich kann, bevor ich es hier probiert habe. Ich habe singen geübt, aber das will sie ja vielleicht gar nicht wissen, beim Hausbau. Also sage ich: Ich glaube, ich kann körperlich arbeiten. Aber: wenn es etwas zu rechnen gibt: mit Zahlen kann ich auch ganz gut umgehen. Ansonsten fange ich gerne irgendwo an und mache einfach mit.
Wenn es jetzt nicht um das Haus ginge, wenn es um die Gemeinde ginge und Sie wollten mitarbeiten: was für Gaben bringen Sie mit? Was antworten Sie auf die Frage: Was kannst du denn? Was denken Sie, was sie können und was verraten sie davon?
Und umgekehrt, aus der Sicht der Gemeinde gefragt: Wie ist das bei uns mit der Mitarbeit geregelt? Wer organisiert das? Zu wem kann ich jemanden schicken, der sich meldet? Wer ist bei uns die Frau mit dem blauen Pullover?
Aber auch: was für Gaben können wir brauchen? Bei welcher Fähigkeit denken wir: Das brauchen wir ganz bestimmt? Wo denken wir: na ja, wäre schon nett, wenn auch nicht unbedingt erforderlich? Und wo denken wir: Das brauchen wir hier gar nicht!
Übrigens gibt es da manchmal Überraschungen. Bei dem Hausbau, von dem ich gerade erzählt habe, muss ich wohl ein bisschen zu laut über das Singen nachgedacht haben. „Hey,“ sagte die Vorarbeiterin, „das ist gut. Die da drüben machen so einen müden Eindruck. Ich kann mir vorstellen: wenn die bei der Arbeit singen würden, ginge es es ihnen besser von der Hand. Kannst du ein Arbeitslied? Dann geh doch mal da rüber, mach mit bei ihnen und guck, ob die das Lied mit dir singen!“
Mitarbeiter Gottes sind wir.
Zwei Dinge schreibt Paulus dazu:
1.) Er schreibt etwas über den Zeitpunkt der Mitarbeit: Jetzt ist die Zeit der Rettung
2.) Und er beschreibt, wie er mitarbeitet. Er beschreibt es sehr ausführlich, deshalb fange ich damit an. Er beschreibt, was geschieht, wenn er sich ganz als Diener Gottes zur Verfügung stellt. Ich lese das noch einmal:
mit großer Ausdauer, in Bedrängnis, in Not und in Ängsten; 5 unter Schlägen, im Gefängnis, in unruhigen Zeiten, in Mühsal, in durchwachten Nächten und beim Fasten; 6 in Reinheit, in Erkenntnis, in Geduld, in Güte, im heiligen Geist, in ungeheuchelter Liebe, 7 im Wort der Wahrheit und in der Kraft Gottes; mit den Waffen der Gerechtigkeit in der Rechten und in der Linken, 8 ob wir anerkannt oder abgelehnt, verleumdet oder gelobt werden! Wie Verführer sind wir, und doch wahrhaftig, 9 wie Unbekannte, und doch wohlbekannt, wie Sterbende, und seht: wir leben, wie Gezüchtigte, und doch nicht dem Tod geweiht, 10 wie Trauernde, doch stets voller Freude, wie Bettler, die dennoch viele reich machen, wie Besitzlose, die alles besitzen.
Wer unter solchen Bedingungen mitarbeitet, der muss sich sehr sicher sein: Die Aufgabe ist wichtig und groß. Größer und wichtiger als die Dinge, die er erleidet. Sonst wäre er nicht bereit, so einen Preis zu zahlen.
Denn ich wäge ja ab: wenn ich an einem Haus baue, weil sonst jemand im Freien schläft, dann versuche ich alles, um das gut und schnell fertig zu bekommen.
Ich bin ein Fan von kleinen Jazzclubs bin mit improvisierter Musik. Wenn ich an der Elbphilharmonie mitbauen sollte. Und ich würde rechnen, wie viele kleine Livekonzerte man stattdessen unterstützen könnte - ich glaube dann hätte ich es schwer, mich zu motivieren.
Für Paulus, ist das, woran er mitarbeitet, sehr wichtig. Deshalb nimmt er das alles auf sich: die Kraft, die es kostet, ausdauernd zu sein. Die Bedrängnisse, die Not, die Ängste; er nimmt in Kauf, dass er geschlagen wird und ins Gefängnis geworfen.
Er macht sich unabhängig von Anerkennung.
Was es vielleicht am Besten auf den Punkt bringt: wie Sterbende, und seht: wir leben. Wer stirbt, lässt sein Leben los. Das tut Paulus auch. Er gibt sich her für die Mitarbeit bei Gott. Er macht sich zum Bettler, abhängig von den Menschen. Das alles gehört für ihn dazu, zur Mitarbeit bei Gott.
Gehört das alles für uns auch dazu? Für Sie, für mich?
Erst mal „Nein“. Wir leben anders als Paulus. Nicht in einem Land, in dem Christen einfach verhaftet werden und ins Gefängnis geworfen und vielleicht auch getötet. Wir leben nicht so, dass wir als Missionare in fremde Städte ziehen und Menschen von Jesus erzählen, die noch nie etwas von ihm gehört haben. Auch nicht so, dass wir Gefahr laufen, verprügelt zu werden – das ist Paulus passiert. All das nicht.
Aber: auch für uns könnte ja das Evangelium etwas ungeheuer Wertvolles sein. Auch wir, in unserer Situation könnten ja verstehen: es ist die Botschaft der Befreiung für Winsener im 21. Jahrhundert – und die haben wir ganz bestimmt nötig.
Auch wir könnten verstehen, was Paulus verstanden hat: da, bei Jesus Christus, ist das Heil zu finden.
Wir könnten verstehen – das heißt jetzt nicht: wenn wir uns Mühe geben, so wie man einen französischen Text mit Unterricht, einem Lexikon und etwas Mühe verstehen kann. Wir könnten es verstehen, das heißt: wenn Gott uns das klar macht. Wenn er uns sein Licht aufleuchten lässt. Wenn es in uns zündet: Ja, das ist es.
Wenn wir das verstehen, was Paulus vorher geschrieben hat: Jetzt ist sie da, die ersehnte Zeit, jetzt ist er da, der Tag der Rettung.
Wir würden verstehen: das ist es, was die Welt braucht. Wenn sie das wüsste.... Wir würden verstehen: darauf warten Menschen – vielleicht ohne, dass sie es selber merken. Wir haben es ja vorher auch nicht gemerkt. Darauf, dass Jesus kommt und mir sagt: du bist ein geliebtes Kind Gottes. Du darfst mitarbeiten.
Wir würden verstehen: Jetzt ist er da. Dieser Jesus ist gekommen – und wir sind frei. Wir sind Kinder Gottes.
Das würde uns zu Mitarbeitern machen. Wenn wir das verstehen, würden wir einen Ort für uns suchen, an dem wir mitarbeiten – mit dem Ziel, dass Jesus verkündigt wird.
Und da sind wir wieder bei der Gemeinde. Jetzt kommt es darauf an, miteinander den richtigen Ort zu suchen und zu finden.
Das ist eine komplexe Angelegenheit. Jede und jeder bringt Gaben mit. Die Gemeinde hat Stellen frei: Mal zum Gemeindebrief austragen und mal im Kirchenvorstand. Eine Stelle, die zu mir gut passen würde, ist bereits von jemand anderem besetzt. Vielleicht entdecke ich neue Gaben, weil sie gerade jetzt gebraucht werden. Vielleicht braucht es aber auch Zeit und Geduld, dass ich meinen Ort in der Gemeinde finde.
Wir brauchen gute Einfälle – den Blick für das, was möglich ist im Reich der Freiheit Gottes. Wir brauchen eine gute Wahrnehmung füreinander – so wie die Vorarbeiterin, die gehört hat, dass ich singen geübt habe und die die Idee hatte, dass das anderen nützlich sein könnte.
Und bestimmt brauchen wir die Hilfe des heiligen Geistes, der das Ganze übersieht und weiß, worauf die Welt am Ende hinauslaufen wird. Er hat einen guten Plan – für jeden Einzelnen und für uns zusammen.